Blindtest eines der bekanntesten Online-Übersetzungstools: Wir geben einen beliebigen polnischen Pressetext in den Google Übersetzer ein und sind sehr gespannt, was dabei herauskommt.

Dieser Ausschnitt stammt aus dem Online-Auftritt der Gazeta Wyborcza vom 5. September 2016:

„Alternatywa dla Niemiec jak burza zmienia scenę polityczną Niemiec. Właśnie odniosła sukces w kolejnym landtagu. Za rok może wprowadzić ponad 100 posłów do Bundestagu. A wcześniej namiesza przy wyborze prezydenta.“

Die deutsche Übersetzung lautet:

„Alternative für Deutschland als Sturm verändert die politische Szene in Deutschland. Ich war im nächsten Landtag erfolgreich. Für das Jahr mehr als 100 Mitglieder des Bundestages zu machen. Eine Verwirrung vor der Wahl des Präsidenten.“

Das Ergebnis ist eine Rohübersetzung

Ist das nun eine gute Übersetzung oder nicht? Kommt drauf an, was man von einem Online-Übersetzungstool erwartet. Wer eine schnelle Übersetzung von unkomplizierten Gebrauchstexten braucht, kann mit einer solchen Lösung annehmbare Ergebnisse erzielen. Man versteht in etwa, worum es geht. Onlinetools liefern allenfalls Rohübersetzungen – von der Qualität einer menschengemachten Übersetzung sind sie weit entfernt.

Maschinelle Übersetzungstools im Vergleich

Der Google Übersetzer übersetzt über 100 Sprachen – von Afrikaans und Albanisch bis Yoruba und Zulu. Er übersetzt nicht nur einzelne Wörter, sondern auch ganze Sätze. Und man kann sich die Aussprache der Sätze auch anhören.

WorldLingo hat in der Kostenlos-Version ein paar Sprachen mehr auf Lager, erfordert aber eine persönliche Anmeldung.

Konkurrent Babylon übersetzt unseren polnischen Text wie folgt:

„Eine Alternative zu Deutschland als Sturm Veränderungen der politischen Szene in Deutschland. Nur einen Erfolg in den nächsten Budgethoheiten. Für das Jahr können Sie mehr als 100 Mitglieder des Deutschen Bundestages. Ein zuvor namiesza bei der Auswahl der Präsidenten.“

Das ist zum Teil unverständlich. Man sieht, wie groß die Qualitätsunterschiede bei diesen maschinellen Übersetzungstools noch sein können.

Hohe Standards bei Online-Wörterbüchern

Das sieht bei den Online-Wörterbüchern schon anders aus. Leo und Pons übersetzen einzelne Wörter oder Redewendungen auf hohem Niveau. Linguee zeigt die Übersetzung nur in bestimmten Kontexten an. Eine Übersicht mit Einzelbewertung finden Sie hier und hier.

Stirbt der Übersetzerberuf aus?

In der Übersetzer-Branche wird diskutiert, ob die Maschine bald den Mensch ersetzt – und der Übersetzerberuf am Aussterben ist. Unser Blindtest von oben zeigt: Ganz soweit ist es noch nicht. Und vielleicht ist auch die Frage falsch gestellt. Es wird auf ein Sowohl-als-auch hinauslaufen. Die Automatisierung wird fortschreiten, aber sie wird nicht alle Übersetzungsgebiete und -situationen erfassen.

Maschine: günstig, schnell und effizient

Denn beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Die kostenlosen Übersetzungstools sind

  • günstig: Bei einfachen Alltagstexten zur internen Verwendung lohnt es sich kaum, einen Humanübersetzer einzuschalten. Zur Not kann man das Übersetzungsergebnis selbst nachbearbeiten. Dazu muss man die Ausgangssprache allerdings zumindest elementar beherrschen.
  • schnell: Wer sich sofort einen Überblick verschaffen will oder schnell eine Lösung braucht, ist mit einem Online-Tool gut bedient.
  • effizient: Bei aller Mängelanfälligkeit: So schnell wie ein Übersetzungstool arbeitet kein Mensch.

Mensch: erkennt Komplexität, liest zwischen den Zeilen

Aber unser Test zeigt auch, woran es hakt – und warum die Maschine den Mensch noch lange nicht ersetzen wird. Denn der humane Übersetzer beherrscht

  • die äußere Form (Grammatik) einer Sprache, also das komplexe Zusammenspiel von Morphologie (Formenlehre), Syntax (Satzbau) und Phonologie (Lautlehre).
  • die innere Bedeutung einer Sprache. Viele Bedeutungsinhalte liegen zwischen den Zeilen, und ein erfahrener Übersetzer erkennt solche rhetorischen Kniffe. Bevor eine Maschine jede ironische Anspielung oder jede Metapher durchschaut, dürfte es noch Jahre dauern. Literatur- und Fachübersetzungen für Geschäftsunterlagen oder Spezialgebiete wie Marketing, Technik, Recht, Medizin, Pharma und Wissenschaft dürften also bis auf Weiteres in Menschenhand bleiben.

Fazit: Wo es um Qualität und Tiefe geht, wird der Mensch weiterhin gefragt sein. Auf mittleren oder unteren Niveaus hingegen wird er mit der Maschine arbeiten müssen – oft in dem Sinn, dass er als Nachbearbeiter tätig wird. Dieses Post-Editieren maschinell gefertigter Übersetzungen könnte sich sogar zu einem neuen Berufsfeld entwickeln.