Geschäftsleuten aus deutschsprachigen Ländern erscheinen spanische Meetings häufig sehr chaotisch, völlig unstrukturiert und ergebnislos. Es beginnt damit, dass die Besprechung zehn bis fünfzehn Minuten später anfängt als geplant. Diejenigen, die bereits anwesend sind, nutzen die Zeit für Small Talk oder Telefonate. Sich darüber zu beschweren, dass man Sie warten lässt, sollten Sie sich verkneifen. Wie gesagt, Sympathie und Freundlichkeit sind anfangs am wichtigsten.
Sie sollten allerdings vorsichtig damit sein, einfach selbst zu spät zu kommen. Menschen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich stehen im Ruf, pünktlich zu sein. Dementsprechend kann auch die Erwartungshaltung Ihrer spanischen Geschäftspartner ausfallen – ein Deutscher, Schweizer oder Österreicher, der gleich zu spät kommt, weil er denkt „das ist ja so in Spanien, da kann ich auch zu spät kommen“ – der wird sofort mit Vorbehalt empfangen, denn dem spanischen Verständnis nach ist er ja dann gar kein „richtiger Deutscher / Schweizer / Österreicher“ …
Zwischentitel: Redegewandtheit und Charisma sind wichtiger als Argumente
Im spanischen Geschäftsleben spielen Meetings und Präsentationen eine wichtige Rolle. Sie dienen allerdings eher dazu, die eigene Person darzustellen; Redegewandtheit und Charisma sind wichtiger als detaillierte Expertenargumentationen. Auch Improvisation spielt eine wichtige Rolle – Spanier empfinden eine Präsentation, bei der jede Zahl und jede Ziffer vom Vortragenden aus dem Kopf heraus hundertprozentig korrekt benannt wird, als schemenhaft und robot-like … der typische deutsche Quadratschädel, alles nur Daten und Fakten, keine Emotion, keine Improvisation, nur Planung und Schema.
Spanier gehen auf Themen erst in einem finalen Stadium konkret zu, erstmal werden generelle Aussagen und Eindrücke vermittelt. Daher ist es eher kontraproduktiv, sofort mit einem fein archivierten, hundertseitigem Dokument in einem ersten Meeting anzutreten und Expertenmeinungen gleich zu Anfang in die Runde zu werfen. Ein Spanier könnte den Eindruck erhalten, „da kommt der schon gleich mit der perfekten Lösung, wenn er noch gar nicht mit mir gesprochen hat, der will mich mit seiner Meinung gleich zuschütten“. Man sollte daher zunächst Offenheit und Flexibilität an den Tag legen.
Seien Sie flexibel!
Spanier sind generell offener und flexibler – das gilt besonders auch für die vorgegebene Agenda oder Zeitplanungen. Ein Meeting wird kaum jemals zum angesetzten Zeitpunkt, also hundert Prozent pünktlich, beginnen, wie schon erwähnt. Und auch nicht enden. Wenn ein Thema aufkommt, das interessant oder wichtig erscheint – warum soll man es dann verschieben und erst der vorgeschriebenen Agenda Punkt für Punkt folgen? Spanier denken da eher weniger an vorgegebene Strukturen und Abläufe, alles wirkt ein bisschen „chaotischer“, aber daher eben auch sehr flexibel.
Essen nicht vergessen!
Das Essen und die Mittagspause sind heilig – ein Spanier würde es für unangebracht, vielleicht sogar unhöflich empfinden, wenn man aus Zeitgründen die Mittagspause ausfallen lässt und „nur“ Butterbrote oder Snacks servieren lässt, um mit der Besprechung fortzufahren. Das ist ein No Go: sehr viele Abschlüsse, Entscheidungen und Kompromisse erreicht man in Spanien beim ausgiebigen Geschäftsessen; es ist eigentlich undenkbar, zu einem zufriedenstellenden Geschäftsabschluss zu kommen, ohne dabei ein oder mehrere Restaurants besucht zu haben und über das gemeinsame Essen zu einem besseren Verständnis und zu Lösungen zu gelangen, in einer eher ungezwungenen und lockeren Atmosphäre.
Und noch ein wichtiger Punkt: in Spanien ist es Gewohnheit, sich sehr schnell beim Vornamen zu nennen. Es ist undenkbar, dass Kollegen oder Geschäftspartner sich mit „Herr García“ anreden; man geht meistens sehr schnell zum „Du“ über und verwendet den Vornamen. Sehr gewöhnungsbedürftig für den „typisch deutschen“ Umgang, wo man das „Sie“ pflegt und auch nach Jahren noch im Geschäftsleben von „Herr oder Frau SoundSo“ spricht.