Die Rechtssprache ist eine der zentralen und auch schwierigsten Fachsprachen, mit denen ein Sprachmittler konfrontiert werden kann. Aus diesem Grund sind ausschließlich Fachübersetzer mit entsprechender Spezialisierung und natürlich auch Juristen mit entsprechenden Sprachkenntnissen geeignete Ansprechpartner für Übersetzungen in diesem Fachgebiet.

Eines der komplexesten Fachgebiete für Sprachmittler ist Recht. Die Rechtssprache deckt nicht nur, wie viele andere Fachsprachen, zahlreiche weite Felder ab. Sie zeichnet sich in der jeweiligen sog. Einzelsprache, also zum Beispiel Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch usw., vielfach durch ganz besondere Eigenheiten aus, die sich für den Laien nicht „einfach so“ erschließen lassen. „Ich halte die Arbeit von Fachübersetzern im Fachgebiet Recht angesichts der Komplexität und der Vielfalt der menschlichen Rechtsordnungen für unabdingbar hilfreich“, erklärt Prof. Gerhard Köbler aus Innsbruck.

Von Grund auf erschließen

„Die Rechtssprache ist ein besonderer Teil der Allgemeinsprache. Zu ihrem Verständnis bedarf sie der historischen Aufschließung“, schreibt Prof. Gerhard Köbler und erklärt: „Aus diesem Grunde habe ich ein deutsches etymologisches Wörterbuch der Rechtssprache erarbeitet, das für rund 12000 Rechtswörter in knappster Form die geschichtliche Entwicklung präsentiert.“ Mit dem „Aufschließen“ der Fachterminologie beginnt der Übersetzer, der sich auf das Fachgebiet Recht spezialisiert. Dabei erarbeitet er sich nicht nur die Fachbegriffe als solche, sondern taucht tiefer in die Materie ein – was übrigens auch für andere hochkomplexe Fachgebiete wie beispielsweise Medizin gilt.

Der Vorgang des Übersetzens eines Fachtextes – unabhängig vom Fachgebiet – von der Ausgangssprache A in die Zielsprache Z setzt voraus, dass der Sprachmittler die Zusammenhänge erkennt, sie begreift und in der Lage ist, sie kontextgerecht in die Zielsprache – man könnte sagen: in die Zielwelt – transferiert. Dass dies im Fachgebiet Recht ganz besonders schwierig sein kann, leuchtet ein, denn die Gesetzgebung weicht von einem Land zum anderen ab, und nicht jede gesetzliche Regelung, mit der logischerweise entsprechende Inhalte und Begrifflichkeiten einher gehen, ist in jedem Land auf identische Weise gegeben.

Merkmale der juristischen Fachsprache

Gerade im Rechtswesen ist eine exakte und möglichst eindeutige Formulierung unverzichtbar, worauf eines der wichtigsten Merkmale der juristischen Fachsprache der Bundesrepublik Deutschland gründet, nämlich die Eindeutigkeit (die sog. Konkordanz): Jede Bezeichnung (Benennung) steht immer für denselben Begriff. Allerdings kann die inhaltliche Bedeutung ein und desselben Fachbegriffs durchaus in Abhängigkeit des jeweiligen Rechtsgebiets abweichen: So hat in der Schweiz wie in Deutschland das Wort „Schuld“ im Schuldrecht und im Strafrecht einen unterschiedlichen Inhalt.

Neben charakteristischen Wendungen zeichnet sich die (deutsche) Rechtssprache durch Bezeichnungen aus, die abweichend von der Standardsprache eingesetzt werden. Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Wort „regelmäßig“, das in der juristischen Fachsprache als „der Regel gemäß“ verstanden, in der Umgangssprache eher als „zeitlich gleichmäßig wiederkehrend“ oder „häufiger“ verwendet wird. Der hohe Abstraktionsgrad ist ein weiteres Merkmal der juristischen Fachsprache – ebenso wie das häufige Auftreten lateinischer Begriffe oder Wendungen, die aus dem römischen Recht überliefert wurden, wobei nicht alle tatsächlich schon zu Zeiten der Antike bekannt waren. Beispiel: culpa in contrahendo.

Große Herausforderung

Für den nicht volljuristisch qualifizierten Rechtsübersetzer ist die Translation eines Rechtstextes eine große Herausforderung. Mit der Internetrecherche nach Paralleltexten und dem Konsultieren terminologischer Nachschlagewerke ist es nicht getan. Vielmehr gilt es, die Rechtskultur und -ordnung des Landes der Ausgangs- und der Zielsprache bestens zu kennen, über Fachwissen zu Rechtsgebieten, Rechtsquellen und anwendbarem Recht auch auf inhaltlicher Grundlage zu verfügen sowie einen Fachtext in Abhängigkeit der Textfunktion, des Zwecks und der Empfänger (Zielgruppe) der Übersetzung einordnen zu können. In internationalen Konzernen und Behörden werden daher oft ausschließlich Volljuristen mit der entsprechenden sprachlichen Qualifikation eingesetzt. Auch eubylon arbeitet mit Juristen zusammen, die über die entsprechende sprachliche Qualifikation verfügen.

(*) Im Hinblick auf eine bessere Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet.

von Giselle Chaumien-Wetterauer, www.ruesterweg.de